Felix Dreesen
Display: Stein/Pflanze/Mensch, 2021
Diverse Materialien
Felix Dreesen ist ein Beobachter urbaner Landschaften. Wie verändert sich unsere Stadt? Wem gehört der öffentliche Raum? Mit seinen Ortserkundungen und sich daraus entwickelnden künstlerischen Arbeiten schärft er die Wahrnehmung für gegenwärtige Transformationsprozesse im Stadtraum. Das zur Eröffnung in dieser Ausstellung gezeigte Objekt lässt sich als Referenz solcher Umgestaltungen und Umnutzungen lesen. Für den Bau des neuen Bremer Fernbusterminals wurden Teile des ehemaligen Güterbahnhofs abgerissen. Dreesen hat einige Bruchstücke der Ruinen gesammelt und in Zusammenarbeit mit Uwe Teichmann von der Gruppe Hofgrün als sperriges Hochbeet-Objekt umfunktioniert. Dieses steht seit 2019 in Sichtweite des Neubaus auf einer Europalette im Innenhof des Güterbahnhofs Bremen — Areal für Kunst und Kultur. Die temporäre Verlegung des Ruinenbeetes in den Ausstellungsraum ist der Auftakt zu einer Reihe von De/Platzierungen, mit denen Dreesen über die Ausstellungsdauer verschiedene Objekte in den Ausstellungsraum verlegt. Über diesen Weg werden urbane Verflechtungen, Stadtgeschichten, Referenzen zu städtischem Wandel und Kommentare zu Wohnumfeldern und -situationen geschaffen. Neben dem Ausstellungsraum wird ebenfalls eine dem Speicher XI gegenübergelegene ca. 100 qm2 große Brachfläche als Display und Experimentierfeld dienen.
Felix Dreesen *1987 studierte an der Hochschule für Künste Bremen bei Natascha Sadr Haghighian, Yuji Takeoka und Franka Hörnschemeyer. Im Rahmen seiner kritischen Auseinandersetzung mit Stadt-, Landschaftsräumen und Natur initiierte und beteiligte er sich an verschiedenen Projekten, wie u.a. Reclaim Your City (Berlin, seit 2015), HotPnnrs ParadiseInn (2016), Julias Ida Green (2017–2018), Bügelfeuer (2018), Kritischer Grundstein (2019) und der Aktion Treibgut (2019). Felix Dreesen lebt und arbeitet in Bremen.
Folke Köbberling
Musterobjekt a und Musterobjekt b, 2021
87 Studierende
11 Gruppen
4 Tage
1 School of Architecture
5 Helfende
1 Folke Köbberling
Lehm, Sand, Holz, Rohwolle, gebrauchte Thermopenfenster sowie 1.000.000 Musterproben aus der Materialbibliothek von Hagemann & Liss Architekten, Berlin
Folke Köbberling befasst sich in ihrem Projekt für die Ausstellung wohnen3 mit der Frage: Wie und woraus bauen wir unsere Gebäude? Durch zwei für die Ausstellung gebaute Musterwände wird der Umgang mit Baumaterial und der Verbrauch von Ressourcen kritisch bearbeitet: Gegenübergestellt
werden in der Installation Bemusterungsproben aus dem Nachlass des Architekturbüros Hagemann & Liss Architekten Berlin und so genanntes Abfallmaterial: lehmhaltiger Erdaushub, Rohwolle, gebrauchte Thermopenfenster.
Folke Köbberling formuliert Formen des Widerstands gegen unsere Vereinnahmung durch die Auswüchse der herrschenden neoliberalen Wirtschaftsordnung wie Konsumzwang, Zerstörung der Städte, Landschaften, öffentlichen Räume, Ressourcen und Menschen. Neben ihrer Auseinandersetzung mit den reinen Marktinteressen folgenden städtebaulichen Umwälzungen, denen sich Berlin seit der Wende unterworfen hat, fokussiert sie den automobilen Individualverkehr als hegemoniale Leitkultur, die sie mit künstlerischen Mitteln kommentiert, ironisch unterwandert und deren Grenzen und Alternativen aufzeigt. In den letzten drei Jahren beschäftigt sich Folke Köbberling mit der Ressource Rohwolle und mit lehmhaltigen Aushub. Sie entwickelt damit Interventionsmodelle für den urbanen Raum, wo sie vorhandene Strukturen umnutzt und so den gewohnten Umgang mit städtischer Architektur auf subtile, oft humorvolle Weise in Frage stellt.
Folke Köbberling * 1969, Studium der Bildenden Kunst in Kassel und in Vancouver (CDN). Zahlreiche internationale Einzel- und Gruppenausstellungen u.a. Martin Gropius Bau/Berlin, Kunsthaus Wien, Ústí nad Labem House of Arts, Tschechien (2017), Einzelausstellungen am Kunstverein Kassel (2014), Zentrum für Kunst und Urbanistik (2015), Museo Experimental El Eco / Mexico City (2017), Kunstverein Wolfsburg (2020).
Folke Köbberling ist Professorin und Leiterin des Instituts für Architekturbezogene Kunst an der TU Braunschweig.
Jule Körperich/KLANK AUSZIEHN! 2021
Mehrkanalinstallation, bestehend aus: Trickfilm (1:54), Hörstück (7:46) / Raumklang-Installation (dauerhaft) Lautsprecher, Regale, Basspumpen, diverse Kleingegenstände
Die Trickfilmerin Jule Körperich trifft erneut auf das Bremer MusikAktionsEnsemble KLANK. In ihrem gemeinsamen Projekt AUSZIEHN! beschäftigen sie sich mit Besitzverhältnissen von Wohnraum. Die musikalische Einrichtung von KLANK konterkariert und umspielt den Film über einen Auszug aus einer menschenleeren Miniaturwohnung. Wer hier auszieht und warum erfahren wir nicht. Von trickfilmhafter Geisterhand werden die Dinge des Wohnens weggeräumt, eingepackt in Umzugskartons, fortgeschafft. Eine Lesung von Haus & Grund überzieht das Geschehen. Wer darf eigentlich? Und was? Wer muss? Und wer muss nicht ganz so viel? Im hörstückartig gestalteten Vortrag der (miet-)vertraglich festgelegten Rechte und Pflichten umschwirren die Stimmen das Wohneigentum wie Insekten die Glühlampe. Musikalische Einsprengsel von KLANKs postindustriellem Band-alter ego ANKKL sowie chorische Zwischenrufe runden die mehrkanalige Tonspur ab. Eine weitere akustisch-visuelle Dimension von AUSZIEHN! bildet eine mehrkanalige längere Version der Filmtonspur nebst einer Reihe kleinerer Apparaturen, die immer wieder in (hörsehbare) Bewegung geraten.
Die Realisierung der Installation AUSZIEHN! wird unterstützt vom Bremer Lautsprecher Orchester (BLO) von pgnm/REM.
Jule Körperich *1975 in Hamburg, studierte Freie Kunst an der Hochschule für Künste Bremen, sie war 2014/2015 Meisterschülerin bei Jean-François Guiton, Atelier für Zeitmedien, Hochschule für Künste Bremen. Seitdem arbeitet sie als Trickfilmerin im Stop-Motion-Verfahren. Ihre Leidenschaft ist das Entwerfen von – und Basteln an – kleinen Erzählkosmen, in denen sie ihre Figuren mit viel Liebe zum Detail zum Leben erweckt. Das Bremer MusikAktionsEnsemble KLANK lernte sie im Rahmen ihres Filmexperiments Cohabit 2015 kennen und schätzen. Dort zog das Ensemble klanglich in ihr virtuelles Wohnprojekt ein. Im Hafenmuseum nun wird der Klang den Raum über den Film hinaus durchziehen.
Jule Körperich war beteiligt an Gruppenausstellungen im Museum Weserburg, der Kulturkirche St. Stephani und im Überseemuseum Bremen. Ihre Filme liefen auf zahlreichen Festivals, insbesondere in Bremen, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Münster, Leipzig, Köln, Cagliari, Wien, Seoul, Athen. Sie gewann u.a. den Preis für politisches Engagement bei der Langen Nacht der grottigen Kurzfilme 2015, Köln, den 7. Shortfilm-Slam 2012 des Filmfestival Münster und den 1. Platz bei den Bremer Umwelttagen Bremen 2012.
Seit 2014 ist sie im Vorstand des Filmbüro Bremen e.V. Jule Körperich ist auch als Rechtsanwältin im Urheber- und Medienrecht in Bremen tätig und berät Künstler:innen rund um ihren Beruf u.a. im Rahmen einer Sprechstunde beim Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler BBK Bremen.
www.vimeo.com/julesfilme
www.taz.de/Bremer-Trickfilmerin-Jule-Koerperich/!5762289/
KLANK
Reinhart Hammerschmidt
Markus Markowski
Christoph Ogiermann
Tim Schomacker
Das Bremer MusikAktionsEnsemble KLANK gründete sich 2008 und entwickelte aus der dichten Logik
der freien Improvisation, der intensiven Auseinandersetzung mit instrumentalen Spieltechniken und kompositorischen Verfahren der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts und der Aneignung von zunächst außermusikalischen Materialien als Musikinstrument eine spezifische Spielart hochgradig visueller Autorenmusik. Neben ausgedehnter Konzerttätigkeit als Improvisations-Quartett (oft mit Vertreter:innen der internationalen Echt-Zeit-Musik-Szenen wie Phil Minton, Lê Quan Ninh, Joke Lanz oder Sarah Maria Sun als Gästen) entstanden zahlreiche multimediale Musik-Formate und Produktionen wie Filme, Zeitschriften, Ausstellungen, Radioarbeiten, Workshops, Musiktheater u.v.a.m. 2016 vergab KLANK Kompositionsaufträge u.a. an Hans-Joachim Hespos und Matthias Kaul. 2017 gründete KLANK mit ANKKL einen eher band-orientierten Ableger als Verbindungslinie zu post-industriellen, elektronischen und noisigeren Spielarten zeitgenössischer Musik. Radio Bremen hat diverse Konzerte des Musik-AktionsEnsembles aufgezeichnet und gesendet. In Vorträgen, Workshops und Konzerten stellte KLANK seine Arbeit an der Akademie der Künste Berlin, den Musikhochschulen Freiburg, Stuttgart und Luzern sowie der Hochschule für Künste Bremen, der Universität Hildesheim und der Universität Bremen vor. Ab 2022 erhält KLANK eine Ensembleförderung durch den Senator für Kultur Bremen.
Daniela Reina Téllez Home wasn’t built, 2021
Zeichnungen und Installation: Öl- und Pastellkreide (dark skintone, dark english red, indian red, flesh color, pale brown), Zelt Daniela Reina Téllez erkundet mit ihren Zeichnungen, Bewegungen und Gesten im Raum die Frage: Was ist ein Zuhause? Wie sieht ein Zuhause aus? Aus einer dekolonialen Perspektive nimmt sie den architektonischen Plan als Grundmaterial ihrer Erforschung, um ihre Wohnräume der letzten 30 Jahre zu dokumentieren. Auf der Ausstellungswand, auf dem Boden entwirft sie die Grundrisse dieser Wohnräume, die Grundrisse ihres gewohnten Lebens. Ihr Erkunden ist Erinnerungs- und Körperarbeit zugleich. Im Akt des Aufzeichnens entwickelt sie eine räumlich verfasste Autobiografie, die auch von gesellschaftlichen Strukturen erzählt, von den unterschiedlichen sozialen und kulturellen Machtverhältnissen, die wir bewohnen, denen wir unterworfen sind. Die Verwendung von Kreiden, die mit ihrer Betitelung wie „dark skintone“ oder „indian red“ auf Hautfarben verweisen, spielt auf koloniale Verstrickungen an und wie diese im Alltäglichen naturalisiert werden. Daniela Reina Téllez lädt die Betrachter:innen ein, ein neues Verständnis vom Raum, Architektur und Wohnen zu erlangen.
Daniela Reina Téllez, *1992 in Bogota, Kolumbien, seit 2013 in Bremen, studierte Freie Kunst an der Hochschule für Künste Bremen, 2018–2020 war sie Meisterschülerin bei Natascha Sadr Haghighian. Für ihr Projekt Home wasn’t built in a day hat sie 2015 das Bockmeyer Reisestipendium, Bremen erhalten. Sie hat 2014 das Kunstkollektiv Immigration Office mitgegründet und die Publikation We Hope This Finds You Well 2016 veröffentlicht. Ihre Praxis hat sich in den letzten Jahren in Workshops und in experimen-
talen Kreisen manifestiert, welche auch als relationales künstlerisches Material verstanden werden und sich den Auswirkungen und Folgen von Imperialismus, Patriarchat und (Post-)Kolonialismus im Land, in der Flora und im Körper widmen. Daniela Reina Téllez hat 2018 das Projekt lenta-menta begonnen, mit dem sie sich in den Feldern von experimenteller Kunst und somatischer Arbeit bewegt und die politischen, ökologischen, aktivistischen Möglichkeiten von Workshops und Körperpraktiken als künstlerische Praxen erforscht.
Ihre letzte Arbeit ist unter der Webseite:
https://labias.hotglue.me zu sehen.
www.danielareinatellez.tumblr.com
www.lenta-menta.info